Textkaffee und Kuchenmusik Alexander Tisma, So., 09.11.14, 16 h
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- Kategorie: November 2014
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Textkaffee und Kuchenmusik
Alexander Tisma Das Buch Blam
So., 09.11.14
Einlass 16 h
Eintritt frei
Statt einer „Inhaltsangabe" eine Kritik der WN aus dem Jahre 2006
Zu hören und zu sehen gab es den Schauspieler, Rezitator und Regisseur, Ralf Melzow. Seine unaufdringliche, sicher intonierende, sorgfältig artikulierende Stimme wurde der schweren Materie gerecht.
Alexander Tisma, in der europäischen Literaturszene durchaus respektiert und bekannt, beschreibt auszugsweise die irrwitzigen Verläufe seines eigenen, surrealistisch-absurden Lebensverlaufes, eines ständigen Wechsels zwischen Verfolgung und Verstecken, Erniedrigungen und kleinen Siegen, Genüssen, Entrinnen und Verharren.
Tisma, das wird schnell deutlich, versucht, sein Alter Ego staunend überleben zu lassen und die verzweifelte Frage zu beantworten: Warum habe gerade ich überlebt? Der Autor, 1924 im stetig unruhigen Balkan geboren, über Horgo, Bukarest, Transsylvanien, Jugoslawien, Frankreich permanent auf der Flucht vor Folter, Zwangsarbeit und Schreibverbot, strandete dann in Novi Saddurch die jüngsten, kriegerischen Auseinandersetzungen in Erinnerung. Und dort spielt auch sein Roman, der eine geschickte Montage aus Rückblendungen, liebevollen Beschreibungen eines Mikrokosmos um das ehemalige Hotel Merkur und auf verschiedenen Erzählebenen angesiedelt ist. Mit seiner Fabulierkunst, Ausschweifungen, aber auch plötzlich eintretenden reflektierten Katastrophen oder prophetischen Ahnungen, steht Tisma in der etablierten Tradition anderer, weltbekannter Autoren des nahen, doch so fernen Balkan: Pavic, Kis zum Beispiel. Und natürlich soll auch der Titel Assoziationen an biblische Themen wecken (hier: Hiob).
Nicht moralinsauer und verbittert wurde die schwer verdauliche Schreibleistung serviert, Humor, Wortwitz und liebevolle Personenbeschreibungen fanden ihren Platz in der einen Stimme des Vorlesers. (…)
Wer mag da nicht an die bewegenden Beschreibungen in den Lebenserinnerungen eines Marcel Reich-Ranicki zu diesem Thema denken?
Dienstag, 29. August 2006 | Quelle: Westfälische Nachrichten