Die Bobbies "DIE HAMLETMASCHINE", Fr., 14.09.12, 19.30 h
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- Kategorie: September 2012
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Die Bobbies "DIE HAMLETMASCHINE" von Heiner Müller
Fr., 14.09.12
Einlass: 19.30 h, Beginn 20 h
Eintritt: 7 EUR, erm. 4 EUR
Heiner Müller zum letzten Mal in Bocholt
Wenn ich einen Text lese, will ich ihn zuerst nicht verstehen, sondern nur fühlen
Sehr sehenswert!
Verlagsrechte henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH
Mindestalter der Zuschauer 14 Jahre
Die Schauspieler stehen nach den Vorstellungen für Gespräche zur Verfügung
Mit freundlicher Erlaubnis des BBV hier die Kritik von Michael Stukowski vom 23.5.2012, die alles sagt, was zu sagen ist:
"Der Untergang des Abendlandes
Theatergruppe "Die Bobbies" feiert mit "Die Hamletmaschine" rauschende Premiere / Provozierende Bilder
BOCHOLT. Europa richtet sich selber zugrunde. Jedenfalls, wenn es nach Heiner Müller geht. Mit seinem Stück "Die Hamletmaschine" feierte die Theatergruppe ,Die Bobbies" jetzt in der Alten Molkerei eine rauschende Premiere.
In provozierenden Bildern beschwört Müller den Untergang des Abendlandes. Doch was den Betrachter in Atem hält, ist eine düstere Anreihung von Gewalttätigkeiten. So gibt es Frauen mit aufgeschnittenen Pulsadern und Leichen, die sich zu einem Scheiterhaufen aufeinandertürmen. Es wird geschossen, gemordet und gefoltert, was das Zeug hält. Und der verstörte Hamlet rät zu Beginn seiner Mutter und ihrem "KillerGemahl", über dem Leichnam des ermordeten Vaters Sex zu machen. "Es lebe der Hass, der Aufstand. der Tod' rufen die Darsteller folgerichtig im letzten Akt. Da hat Hamlet (.Ich spiele keine Rolle mehr") längst resigniert und eingesehen, dass das Lebensdrama höchstens noch in den Aufständen aufleuchtet.
Kein heroischer Ausgang
Wer nun ganz im Sinne William Shakespeares mit einem heroischen Ausgang rechnet, wird eines Besseren belehrt. Denn Müller hat den "Hamlet' zwar bearbeitet, sich aber in den fünf Szenen seiner "Haniletmaschine" auf wenige Schlüsselmomente konzentriert. Seine Helden haben keine tragische Größe, sondern erscheinen wie dekadente Figuren des Untergangs. Zwischen ihnen herrscht Beziehungslosigkeit, weil sie sich in Monologen verlieren anstatt das Zwiegespräch zu suchen.
Anstelle von griffigen Redewendungen wie Sein oder NichtSein" wird Überdruss und Ekel thematisiert. Trotzdem fasziniert die Aufführung (Regie: Ralf Melzow ) den Zuschauer. Nach dem Motto Das Grauen inszeniert sich selbst" lässt sie ihn erst wieder los, wenn die von Mullbinden übersäte Ophelia mit ihrem Rollstuhl wieder in der Dunkelheit verschwindet.
Wie bei einem Casting
Fast alles hat Symbolcharakter und wirkt wie Anspielungen im Spiel: Wenn die Figuren im ersten Akt ("Familienalbum") vorgestellt und von ihren kritischen Mitspielern wie bei einem Casting verrissen werden, fragt man sich: "Spricht hier eigentlich der Darsteller oder die Figur?" Unterdessen werden auf einer Großbildleinwand historische Begebenheiten und Massenszenen gezeigt, die in der sozialistischen Gesellschaft spielen.Die Wunden, die die Aufstände in Budapest (1956) und Prag (1968) geschlagen haben, sind nach Müllers Ansicht nie verheilt. Dass sich die Aufführung indes nicht auf den Konflikt zwischen Ost und West beschränkt, sondern mit vielen kleinen Stichen und Anspielungen bis in das Wohnzimmer des MöchtegernEuropäers vordringt, macht sie sehr sehenswert."
Zuschauerstimmen: "Ich habe zwischendurch immer meinen Puls kontrolliert" "Großartige Schauspielerleistung" "Beeindruckend schön-schreckliche Bilder" "Ich habe am Anfang des Stücks Luft geholt und dann erst wieder am Ende geatmet!" "Wahnsinnig intensiv, schnell und temporeich!" "Wenn ich nur das Gefühl beschreiben könnte, was ich hatte...!"