Mo., 24.10.16
Beginn: 20:00 h
Eintritt: 8,00 EUR
Weltmusik-Konzert mit
Ibrahim Keivo (Syrien/ Deutschland)
Troubadour des multikulturellen Syriens
Ibrahim Keivo wurde 1966 in einem yesidisch-kurdischen Dorf in der Nähe der Kleinstadt Hassakeh in Nordsyrien geboren. Er ist Sohn einer armenischen Familie, die den Völkermord überlebt hat. Er wuchs im Dreiländereck, wo sich altes syrisches Land (Al-Jezireh = Die Insel) mit mesopotamischen und vorderasiatischen Kulturen treffen : eine Kulturlandschaft mit reicher Vergangenheit, in der eine Vielzahl von Religionen praktiziert und ebenso viele Sprachen und Dialekte gesprochen wurden.
Seit seiner frühsten Jugend führte Ibrahim Keivo’s Mutter ihn in die armenischen Gesänge ein, die sie aus ihrer Heimat mitgebracht hatte. Sie war für ihn auch die erste Lehrerin, die ihm Lieder beibrachte, die auf Türkisch, Kurdisch und Mardalli (dem arabischen Dialekt aus der Stadt Mardin) gesungen und gespielt wurden. Die uralte Stadt Mardin liegt im Südosten der Türkei, wenige Kilometer nördlich der Grenze zu Syrien und nicht weit bis zur Grenze des Irak. Sie war zu Zeiten des Genozid Zwischenstation für viele Armenier, bevor sie Zuflucht und Exil in der ganzen Welt fanden.
Mit der Ankunft in Nord-Syrien begegnete die Familie auch neuen Kulturtraditionen: den Beduinen, die Keivo sehr inspirierten. In ihrer Kultur sind Elemente der ältesten Zivilisationen und Religionen der Menschheit lebendig geblieben: die assyrische Kultur mit der aramäischen Sprache. Er begegnet aber auch der syrische Sprache (die mit der heutigen Sprache in Syrien, dem Arabisch nichts zu tun hat), dem orthodoxen Christentum, der Kultur der Yeziden, einer alten Naturreligion, die von den in der Region lebenden Kurden praktiziert wurde und deren heiligster Ort, der Lalish Tempel im heutigen Mosul (dem alten Ninive im Irak) liegt.
Ibrahim Keivo war ein Zeitzeuge und wissbegierig-neugieriger Schüler der kulturellen Vielfalt in Nordsyrien. Mit der Unterstützung der Familie erhielt er seine erste Buzok, eine Langhalslaute. Bald darauf ging er nach Aleppo, der Hauptstadt der traditionellen arabischen Musik, um am dortigen Konservatorium zu studieren. Während seines Aufenthalts in Aleppo machte Keivo eine Begegnung, die einen Wendepunkt in seiner Karriere bedeutete: er traf den Komponisten und Musikwissenschaftler Nouri Iskandar, der spezialisiert auf syrische Musik war.
Iskandar war der erste Musiker überhaupt, der die syrische Musik, die über Jahrhunderte oral traditiert wurde, zu transkribieren begann. Von ihm lernte Ibrahim Keivo die Regeln und Geheimnisse der Musik, die seine Kindheit und Jugend bestimmt hatte. Nach seinen Lehrjahren in Aleppo kehrte er wieder in seine Heimatstadt zurück, wo um an der örtlichen Musikschule die nächste Generation zu lehren und seine eigene Forschung zum musikalische Erbe in der Region Al-Jezireh zu unternehmen.
Schnell wurde sein Name und seine Forschungsarbeiten zu den Musiktraditionen in Nord-Syrien weit über die Grenzen hinaus bekannt und er erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Gleichzeitig wurde es auch als Virtuose auf der Busok und anderen Saiteninstrumenten wie Tar, Saz, Baglama, Kamanche, Rabab und Oud gefeiert.
Seine internationale Karriere begann 2002, als er für die Rolle des "Bacchus" in einer Adaption des Euripides engagiert wurde. Nouri Iskander hatte die Komposition im Auftrag des rennomierten "Kunsten Festival des Arts" in Brüssel geschrieben, die mit Ibrahim Keivo als Sänger besetzt wurde, um in vielen europäischen Ländern aufgeführt zu werden.
Nach diesem ersten grossartigen internationalen Auftritt erhielt Ibrahim Keivo als Solist und mit seinem eignen Ensemble viele weitere Einladungen in die Länder der arabischen Welt und nach Europa. Unter anderem zog Keivo’s einmaliges Repertoire auch die Aufmerksamkeit einer der weltweit führenden Musikinstitutionen auf sich, die sich mit der Dokumentation oraler Musikkulturen befassen: dem Maison des Cultures du Monde in Paris. Das Haus lud ihn ein zum "Le festival de l'imaginaire” und zu einer anschliessenden Tournee in Frankreich, gefolgt von Aufnahmen für eine erste internationale CD Aufnahme. Diese stellte er dann bei einem Konzert im "L'Institut du Monde Arabe" in Paris der Öffentlichkeit vor.
Im Jahr 2008 hatte Keivo dann seinen ersten Auftritt vor Damaszener Publikum im Rahmen der Feierlichkeiten von „Damaskus - Arabische Kulturhauptstadt“. Ein paar Monate später spielte er ein legendäres Solo-Konzert im Opernhaus in Damaskus. Seine Aktivitäten brachten viele neue Impulse in die musikalische Praxis Syriens: seine atemberaubende Präsenz auf der Bühne, sein tiefes Verständnis für das syrische multikulturelle Erbe und seine universelle Philosophie, die er mit dieser Musik verbindet: seine Musik ist immer die Begegnung über alle Zeiten, Kulturen und Sprachen hinweg.
Im Jahr 2009 wurde Ibrahim Keivo zum Morgenland Festival Osnabrück eingeladen, um ein Stück von Nouri Iskandar gemeinsam mit dem Osnabrücker Kammermusik Orchester aufzuführen. Darüber hinaus trat er mit den Mitgliedern der syrischen Big Band und dem iranischen Sänger Salar Aghili sowie mit einem atemberaubenden Solo Konzert auf. In diesem Solo präsentierte er ein Panorama der alten religiösen Musik Nordsyriens, Lieder aus den volkmusikalischen Traditionen, sowie eigene Stücke, inspiriert von den Kulturen seiner Heimatregion.
Seit 2015 lebt Ibrahim Keivo mit seiner Familie in NRW.
Im Klangkosmos singt er Lieder über die Liebe, Freude, Trauer, Ernte. Hochzeitslieder, rituelle Lieder, Mythen. Er singt auf arabisch in verschiedenen Dialekten und Sprachen und begleitet sich selbst auf Saiteninstrumenten.
Ibrahim Keivo – Gesang, Tar, Saz, Baglama, Kamanche, Rabab und Oud